Praxis und Wissenschaft
Die Sache Jugendkriminalität ist kein Problem der 14- bis 18-Jährigen allein, sagen alle Kriminalisten und Kriminologen. Hier kommt die Frage, ob man hinter das 14. Lebensjahr zurückgehen und über das 18. Lebensjahr hinausgehen soll.
Die Polizei hat den gesetzlichen Auftrag, dass sie alle gewordene Verbrechen und Vergehen nachgehen muss. Sie kann also keinen Unterschied zwischen den Taten und den vermuteten Täter machen. Auch der angerichtete Schaden lässt sich ohne Rücksicht auf die Person des Schädigers bestimmen. Und von der Position des Geschädigten her macht es im ersten Schritt ebenfalls Sinn, auf die Tat und ihre Folgen abzuheben.
Wer ist Tatverdächtiger für die Polizei?
„Tatverdächtiger“ ist der, wer als Beteiligter eines Deliktes (Täter, Mittäter, Anstifter, Beihelfer eines Deliktes) in Betracht kommt; jede(r) Beteiligte wird gleichermaßen als tatverdächtig für die Polizeiliche Kriminalstatistik registriert, ohne Rücksicht auf die genaue Art oder Intensität der Beteiligung.
Ob er (oder sie) auch für die Tat belangt, insbesondere bestraft werden kann, interessiert in diesem Stadium des Verfahrens nicht. In der Statistik zählen alle noch nicht Strafmündigen bei der Menge der “Kriminellen“ mit. Dem Interpreten der statistischen Tabellen überlassen bleibt, zu entscheiden, ob und unter welchen Bedingungen er ihre Taten der Jugendkriminalität zurechnen will.
Sehr oft diskutierte Frage ist zwischen den Kriminologem, was sollen sie mit den Kindern im Alter von sechs bis zehn Jahren machen. Sind diese Kinder schon auch die Täter? Einige Kriminologen sagen, dass diese Kinderkriminalität der Vorläufer der Jugendkriminalität ist. Die Kinder sollten bestraft werden.
Die andere Kriminologen aber sagen, dass die Kinder von sechs bis zehn Jahren nur spielen. Man kann die Kinder nach ihren Überzeugungen nicht bestrafen, weil sie keine kriminelle Motivation oder kriminelle Energie als ältere Personen haben. Das Kind hat nach ihren Meinung ein ganz anderes Weltverhältnis und Lebensverständnis. Man kann nicht an kindliches Verhalten das Etikett „Kriminalität“ heften. Man muss von den schädlichen Konsequenzen einmal ganz abgesehen. Kinderkriminalität ist danach gar keine Kriminalität, und ihre Einbeziehung in die Analyse von Jugendkriminalität schafft nur zusätzliche Probleme oder sogar Verwirrung.
Über die Richtigkeit der verschiedenen Positionen könnte man lange streiten, aber ich meine, dass sehr kompliziert ist, zwischen (noch) Kindern und (gerade) Jugendlichen als Personen zu unterscheiden oder die Unterschiede zwischen (mit Sicherheit) kindlichem Spiel- und (evident) erwachsenem und zielgerichtetem Schädigungsverhalten zu machen.
Am anderen Ende des Altersspektrums von Jugend stehen die sog. Jungerwachsenen. Mit dieser Bezeichnung meinte man früher die 21- bis 25-Jährigen. Heute rechnen manche auch die 18- bis 21-Jährigen dazu, obwohl für diese Gruppe noch das Jugendstrafrecht mit dem offiziellen Begriff „Heranwachsende“ gilt.
Jugendkriminalität „gibt“ es also nicht einfach. Im engsten Sinne geht es um Straftaten der 14- bis 18-Jährigen. Im weiteren Sinne geht es um Straftaten der 10- bis 25-Jährigen.